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ür Christine kam der Tod Ihres Mannes völlig unerwartet. Ein spät diagnostizierter Hirntumor ließ ihn mit 40 Jahren sterben. Die Kinder waren damals noch im Kindergartenalter. Die junge Frau benötigte viele Jahre, um den Tod ihres Mannes zu verkraften. Anfangs glaubte sie, sie könne ohne ihn nie wieder glücklich werden. Doch durch ihr innewohnendes Verantwortungsgefühl für die Kinder und den damit einhergehenden ständigen Herausforderungen begann sie mit der Zeit, erneut positiv gestimmt in den Tag zu starten. Folgende Ausführungen beschreiben ihre Entwicklung nach dem Tod ihres Mannes. Gleichzeitig geben sie all denen Hoffnung, die sich dem Tod ihres Partners konfrontiert sehen.

Betroffene unterstützen sich

Der Tod des Partners ist eine überaus schwierige Erfahrung – für den betroffenen Lebenspartner, seine weiteren Angehörigen und das Umfeld. Viele Menschen wissen nicht, wie sie mit Trauernden umgehen sollen. Die Folge daraus ist: Sie ziehen sich von dem Betroffenen zurück. Der Trauernde hingegen fühlt sich alleingelassen. Manchmal möchte er auch keine andere Person sehen, da er davon ausgeht, dass niemand seinen Schmerz versteht. Das ist eine extrem schwierige Situation, in der die Gefahr groß ist, dass der überlebende Partner in Depressionen oder Süchten versinkt. In einigen Fällen gibt er komplett auf und wählt den Freitod. Für Christine kam ein Selbstmord nicht infrage, obgleich sie anfangs gelegentlich in ihrer größten Trauer daran dachte. Jedoch war es nie eine echte Option, da sie sich verantwortlich fühlte für ihre zwei Kinder, die ja noch sehr jung waren. Sie wollte für sie da sein und sich um sie kümmern. Letztlich hatten ja auch die Kinder einen festen Bestandteil ihres noch jungen Lebens verloren, was Christine nun zusätzlich ausfüllen musste.

Christine fühlte sich nirgendwo mehr wohl. Das Umfeld verstand sie nicht und der gutgemeinte Rat, durch einen Vergleich mit ihrer Oma, die auch vor ein paar Jahren ihren Mann verloren hatte, war ihrer Meinung nach unangemessen. Sie – Christine – war in einer anderen Lebenssituation. Ihre Fragen ans weitere Leben konnten mit der ihrer Oma nicht verglichen werden. Ihr Leben hatte mit Mitte 30 erst so richtig begonnen und sie hatte kleine Kinder. Christine beschloss aus diesem Grund, gezielt nach anderen „Betroffenen“ zu suchen. Sie fragte in der Kirche und bei der Stadt nach, ob es nicht Selbsthilfegruppen für junge Witwen und Witwer gibt. In der Tat wurde sie fündig.

Die regelmäßigen Treffen halfen ihr dabei, die Trauer anderer zu verstehen und ihre Trauer zu teilen.

Sie fühlte sich nicht mehr allein und das war ein erster wichtiger Schritt in Richtung Trauerarbeit. Zudem vertraute sie sich einer Trauerbegleiterin an, die wusste, welche Phasen Christine durchlaufen wird. Sie half ihr und bestärkte sie darin, nicht aufzugeben.

Dem Umfeld klare Anweisungen geben

Oft gibt es im Umfeld einer Witwe oder eines Witwers liebe Menschen, die dem Hinterbliebenen helfen möchten. Sie wissen nur nicht wie. Das Verhalten ist verständlich und auch Trauernde sollten die Unsicherheit verstehen. Sie selbst können diese beseitigen, indem sie ihrem Umfeld unmissverständlich sagen, was sie sich wünschen. Das Umfeld ist dafür dankbar, denn es ist froh helfen zu dürfen und klare Anweisungen zu bekommen. Christine fragte ihre Freundinnen ganz offen, ob sie ihre Kinder beaufsichtigen könnten, wenn sie zur Selbsthilfegruppe fährt. In der Anfangsphase der Trauer war zudem die Nachbarin eine große Stütze. Die alte Dame fragte erst gar nicht lange, sondern kochte für die vaterlose Familie und putzte das Haus. Selbst diese praktische Hilfe stellt oft eine immense Unterstützung dar.

Der Umgang mit Zukunftsängsten

Die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen scheint den Körper aufzufressen. Sie ist allgegenwärtig und durchdringt das komplette Leben. Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, gesellen sich Zukunftsängste dazu. Was passiert mit mir? Wie soll ich das Leben bewältigen? Wer hilft mir bei der Beziehung? Kann ich das Haus noch behalten? Habe ich ausreichend Geld? Diese Fragen stellen eine immense Belastung dar. Sie drücken eine Existenzangst aus, die den Geist zunehmend belastet. Besonders dramatisch ist es, wenn noch kleine Kinder im Haus sind.

Gut ist es, wenn die trauernde Person kompetente Hilfe zur Seite hat.

Steuerberater und Anwälte können eine große Hilfestellung sein, indem sie darüber informieren, was jetzt „verwaltungstechnisch“ passieren sollte. Sie können unangenehme Themen wie Witwenrente und vieles mehr übernehmen. So furchtbar, wie für den Betroffenen die Trauer auch ist: Das Leben außen geht weiter. Rechnungen müssen bezahlt werden.

Die Zukunftsängste stellen einen riesigen Berg von Sorgen dar. Um sich von ihm nicht erschlagen zu lassen, ist es wichtig, ihn Stück für Stück abzutragen. Am leichtesten gelingt dies mit den organisatorischen Dingen, die in Teilen Experten wie Steuerberater und Anwälten übertragen werden können. Wer keinen fachlich versierten Beistand hat, der kann beispielsweise in der Selbsthilfegruppe um Hilfe bitten. Einige der Anwesenden haben den Prozess bereits durchlaufen und verfügen über Kontakte zu Experten.

Sich erinnern dürfen und das Herz offen lassen

Zukunftsängste, die rein emotionale Themen betreffen, sind schwieriger zu bewältigen als organisatorische Angelegenheiten. Trauernde ziehen sich häufig vom gesellschaftlichen Leben zurück. Es fällt ihnen schwer, andere Paare zu sehen und deren Glück „vorgeführt“ zu bekommen. Umso wichtiger ist es, sich nach der akuten Trauerzeit, Beschäftigung zu suchen.

Ob Arbeit, Sport oder ein anderes Projekt: Beschäftigung im gesunden Maße ist eine gute Ablenkung.

Sie zeigt, dass wir gebraucht werden und es mehr gibt auf dieser Welt als die eigene Trauer.

Insbesondere wer kleine Kinder hat, hat kaum Zeit sich der Trauer hinzugeben. Kleinkinder fordern das Glück heraus und wollen leben. Sie begreifen nicht, was Tod und Verlust wirklich bedeuten. Daraus können Betroffene Kraft schöpfen. Erfreuen Sie sich an dieser Lebendigkeit und unterstützen sie diese. Hierbei ist zu beachten, dass irgendwann der Punkt kommen wir, an dem die Kinder mit ihrem Trauerprozess starten. Je nach Alter des Kindes kann es Jahre dauern, bis dieser Prozess einsetzt. Der hinterbliebene Elternteil sollte sich darauf vorbereiten. Bilder oder Erinnerungsstücke an den Toten können dabei helfen, dem Kind einen Bezug zum verstorbenen Elternteil zu verschaffen. Die Hinterbliebenen dürfen sich an den Toten erinnern, aber sie sollten deswegen nicht ihr Herz verschließen. Dies ist ein Balanceakt, der mit der Zeit gut gelingen kann.

Glücklichsein mit einem neuen Partner: Darf ich das?

Anfangs können sich die meisten Hinterbliebenen nicht vorstellen, einen neuen Partner zu finden. Erfahrungen zeigen allerdings, dass gerade junge Witwer und junge Witwen irgendwann wieder eine eine Partnerschaft eingehen. Einige haben deshalb ein schlechtes Gewissen. Sie glauben, sie würden damit ihrem verstorbenen Partner hintergehen.

Wer einen gesunden Trauerprozess durchlaufen hat, sollte sich wegen einer neuen Liebe nicht schämen. Es ist nur wichtig, dass dieser neue Partner erst ins Leben tritt, wenn der Verlust bewältigt wurde. Ansonsten stehen die Chancen schlecht, dass die neue Beziehung langfristig funktioniert.

Wichtig: Sie dürfen sich nach dem Tod Ihres Partners glücklich fühlen. Sie dürfen lachen. Sie dürfen lieben und Sie dürfen das Leben genießen. Ihr verstorbener Partner hätte sich für Sie nichts anderes gewünscht.

Tod des Partners: Wie lange dauert es, bis ich wieder glücklich bin?

Das ist von Person zu Person unterschiedlich. Es hängt von der Beziehung und den Lebensumständen ab. Auch der Grund für den Tod des Partners ist von Bedeutung. Gespräche mit Hinterbliebenen zeigen, dass es durchschnittlich vier Jahre dauert, bis ins Leben ein gewisser Grad von Zufriedenheit und Glück einkehrt. Die Jahre bis zu diesem neuen Lebensmut sind oft eine Achterbahn. Es gibt Phasen, in denen die Trauer dominiert. Dann wird es in der Regel besser. Manchmal kommt ein neues Tief, was den Betroffenen komplett unerwartet treffen kann.

Wichtig ist es, sich Zeit zu geben und nicht zu verzagen.

Das ist leichter gesagt als getan. Trauer ist eines der schlimmsten Gefühle, die wir spüren können. Sie lässt uns scheinbar keinen Ausweg. Es gibt jedoch einen Weg aus der Trauer, für den Sie Geduld benötigen. Gehen Sie einen Schritt nach dem anderen und muten Sie sich nicht zu viel zu. Glauben Sie an sich und an Ihre innere Stärke. Ihr verstorbener Partner hätte sich für Sie alles alles Glück auf Erden gewünscht. Erfüllen Sie ihm diesen Wunsch!

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Photo by Humphrey Muleba on Unsplash

Publiziert am 
Nov 6, 2019
 in Katgorie
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